Bewusstes Sein...

...das ist ein Begriff, mit dem der Versuch gewagt wird, in Worte zu fassen, was hinter der Dualität der Dinge erfahren werden kann. Das, was unter der Dualität liegt, ist die wahre Essenz des menschlichen Seins - die Wahrheit. Das beginnt mit der nie endenden Frage: Wer bin ich?

Der Verstand kann das erfassen, das Prinzip verstehen und ein Konzept daraus machen. Er kann das soeben Gelesene in Frage stellen und unzählige weitere Gedanken dazu entstehen lassen, sich im Nachdenken darüber ganz verlieren. Erfahren kann der Verstand das Bewusste Sein nicht. Erfahren findet auf einer anderen Ebene wahr.
Die Sehnsucht nach der Wahrheit findet im Außen keine dauerhafte Antwort. So führt sie irgendwann ins Innere hinein, führt in die Tiefe.

Auf diesem Weg ins Innere finden sich zuoberst Gedanken. Sie entstehen ununterbrochen und werden meist noch nicht einmal vollständig zu Ende gedacht. Es wäre zuviel der Aufmerksamkeit für sie, sie stoppen zu wollen. Hier sind auch nicht die sinnvollen Gedanken gemeint, die uns helfen, z.B. eine Maschine zu bedienen, ein Gericht zu kochen. Hier sind solche Gedanken gemeint, wie: ‚Ich sollte jetzt netter sein, dann würden mich die anderen toll finden’. Gedanken lassen wir einfach vorbeiziehen wie Wolken, geben ihnen keinerlei Energie. Wir können wahrnehmen, dass sie da sind – und dann können wir uns dem zuwenden, was darunter liegt, tiefer liegt.

Wenn wir also unsere Gedanken vorüberziehen lassen, können wir die darunter liegenden Körperwahrnehmungen entdecken. Wir nehmen all die feinen Bewegungen im Körper wahr. Nehmen wahr, wo Entspannung ist und nehmen auch wahr, wo Anspannung ist.
Der Körper lügt nicht, er kann nicht lügen. Er ist ein Ausdruck dessen, wie es uns gerade geht, was uns bewegt. Oft entsteht Verspannung. Der Körper verspannt sich, um seinen ureigenen Ausdruck in einer bestimmten Situation zu verhindern. Da soll nicht gesagt werden, was man nicht sagen sollte, da wird Ärger unterdrückt, damit wir nur ja gemocht werden, da werden Tränen zurückgehalten, weil man sich nicht verletzbar zeigen will. Manchmal entsteht auch eine sehr subtile Körperanspannung, mit der wir auf Hab-Acht sind und uns schützen, vor dem, was da kommen könnte. Das alles sind konditionierte Geschehnisse, sind unbewusste Überlebensmechanismen, die früher mal wichtig waren, jetzt aber nicht mehr nötig sind – wenn wir uns ihrer denn bewusst wären. An dieser Stelle können wir Anspannung abfallen lassen. Das ist kein Tun, sondern ein ‚Enttun’. Können wahrnehmen wie sich Geschehenlassen anspürt.

Unter den Körperempfindungen liegen die Gefühle. Wir können nicht Nicht-Fühlen. Es geschieht ununterbrochen. Da wir aber nicht gleichzeitig Denken und Fühlen können, sind wir uns der Gefühle nicht wirklich bewußt. Nur wenn sie ganz heftig werden, wie z.B. bei Panik, oder Verlustangst sind wir uns ihrer auf einen Schlag bewusst; meist empfinden wir sie dann als unangenehm und schwer bewältigbar, haben manchmal sogar das Gefühl, dass sie uns umbringen könnten.
Wenn wir uns ihnen zuwenden, können wir erkennen, dass sie kommen und gehen. Wir können erfahren, dass wir uns ganz ins Gefühl fallen lassen können, nichts damit machen, weder wegschieben, noch danach greifen. Wir lassen es auftauchen, sind ganz das Gefühl – und dann verbrennt es, wir erleben leichter werden und ruhiger werden und dann taucht ein anderes Gefühl auf, dem wir uns hingeben können. Wohlgemerkt braucht es dafür die Fähigkeit, ein Gefühl halten zu können, Container dafür zu sein. Diese Fähigkeit wächst mit dem Üben. Wir üben das besonders in der Bewusstseinsübung und dem wiederholgen Fragen: Was fühle ich grad jetzt? Wessen bin ich mir gerade bewusst?
Gefühle sind: Angst, Freude, Schmerz, Trauer, Ärger, Ekel, Scham, Verzweiflung, Sehnsucht – in all ihren Schattierungen.

Es geht aber noch tiefer. Unter den Gefühlen, die kommen und gehen, können wir die tieferen Erfahrungen entdecken. Tiefere Erfahrung bleiben. Tiefere Erfahrungen werden beschrieben als Stille, Leere, Bewusstheit, erlösende Liebe. Sie sind immer da, sie waren immer da und werden immer da sein. Das ist unser wahres Sein, das ist die Wahrheit. Darauf weisen durch alle Zeiten die Mystiker aller Traditionen hin.

Die beschriebene Reise - immer tiefer in das eigene Innere – führt zu diesen tieferen Erfahrungen. Der Zustand ist eine besondere Art des Wachseins, des Bewusst Seins. Immer mehr Menschen in unserer Zeit erleben diesen Zustand und vertiefen ihn weiter.
Die Sehnsucht oder auch bestimmte Erlebnisse bringen den Menschen auf diesen Weg, ein Weg der gar keiner ist – aber das wird erst wahrgenommen, wenn das Bewusste Sein sich selbst bewusst ist.