Gedanken - Schönheit ist Medizin
von Tanuka (Kommentare: 0)
Seit Anfang 2020 poste ich jeden Abend die für mich besonderen Bilder meines Tages in Whatsapp. Warum tue ich das und was hat die wunderschöne rote Hibiskusblüte damit zu tun?
Vor einigen Jahren...
... erhielt ich eine Botschaft vom Leben, die mich zutiefst erschreckte. Sie brachte mich mit den existentiellen Fragen des Lebens in Berührung. Angst, Sterben, Tod. Dieses Mal ging es nicht um die anderen, sondern um mich selbst. Der Körper brauchte Hilfe. Meine Seele brauchte auch Hilfe.
Da tauchten die weisen Frauen auf. Die eine benannte das Geschehen mit dem Wort Krise und versicherte mir, dass man mit einer Krise einen Umgang findet. Die andere weise Frau gab mir den Auftrag, jeden Tag mit der Kamera ein Bild von etwas zu machen, das ich schön finde.
Das schöne Bild war wie ein Medikament, dass ich einmal täglich einzunehmen hatte – und jeden einzelnen Tropfen dieser Medizin sollte ich selbst suchen. Mein erster Tropfen der Medizin der Schönheit war sicherlich eine Blume in unserem Garten.
Diese Bilder wurden meine Seelenmedizin. Ich musste nur die Augen weit öffnen und schauen. Die Natur ist voll der Schönheit. Die Schönheit zu sehen und mich berühren zu lassen, unterbrach das Gedankenkarussell. Stille und Klarheit tauchten auf. Nach und nach entdeckte ich eine Welt voller kleiner Kostbarkeiten. Diese Welt dehnte sich aus und wurde das Universum. Die Freude war wieder spürbar, der Schreck verblasste und die Angst erhielt den ihr angemessenen Platz zurück.
Damals hatte ich eine kleine Kamera, die perfekt in die Hosentasche passte und mir eine ständige Begleiterin wurde. Wo immer ich unterwegs war und mich Schönes in der Natur entzückte, zückte ich die Kamera. Auf einer Urlaubsreise kam mir die Kamera abhanden, die Medizin der Schönheit rutschte in Vergessenheit.
Und dann tauchte sie wieder auf – aus den tiefsten Tiefen. Ich war auf Hawaii. Ich fand mich unerwartet in einer schwierigen Situation wieder. Ich fühlte Ohnmacht, Wut und erlebte tiefe Enttäuschung. Die Freude und das Staunen über die Schönheit der Inseln waren gedämpft. Lähmung. Traurig bemerkte ich das und fragt mich, wie ich aus diesem Zustand wieder rauskommen könnte. Ich frage mein Innerstes und als Antwort tauchte die Medizin der Schönheit auf. Etwas erinnerte sich in mir, dass das schon mal funktioniert hatte. Ich schnappte mir mein Handy und lief hinaus zum Ozean, um etwas zu finden, dessen Schönheit mich berühren würde und begegnete … der wunderschön roten Hibiskusblüte. Die Seelenmedizin begann zu wirken.
Das war Anfang 2020. Seitdem poste ich jeden Abend die besonderen Augenblicke meines Tages. Zuerst nur, um meine Liebsten zuhause an meiner Freude auf Maui und Big Island teilhaben zu lassen. Später - zurück in Bayern – geschah das Posten weiterhin. Auch hier überall Schönheit. Zuerst waren da nur die Bilder, dann wurden auch die Worte unter den Bildern bedeutend und schließlich webten sich aus den Worten unter den Bildern kleine Geschichten.
Ob das Posten irgendwann aufhört? Weiß ich nicht. Jetzt und heute nein. Es hat sich in den letzten Wochen sogar intensiviert. Irgendwann fand ich es dann doch schade, dass sich die schönen und mir kostbar erscheinenden Bilder und ihre feinen Geschichtenfäden nach vierundzwanzig Stunden ins Nichts auflösen. Auf Instagram bleiben sie bestehen. Das gefällt mir grad.
Und so poste ich seit Kurzem unter tanukaqigong auf Instagram.
Tropfen der Medizin
Was macht die Medizin der Schönheit...
.... mit mir? Im Augenblick des Schauens, erfasst mein Blick das Objekt – die Blume, den Kater, die Regentropfen, die Schnecke, die Schneeschuhe meiner Ahnen. Ich sehe die Oberfläche und mit Hilfe der Kamera kann ich immer weiter in die Tiefe sehen, Schichten erkennen. Den gezackten Rand der Blätter, die Dicke der Barthaare, das Spiegelbild im Regentropfen, die Bewegung der Schnecke, die brüchigen Knoten der alten Schnur an den Schneeschuhen. So wird das Wesen des Gegenstandes immer sichtbarer.
Nichts ist gleich, jeder Moment ist besonders. Die Schnecke aus dem letzten Jahr ist Vergangenheit. Die Schnecke jetzt hat alle meine Aufmerksamkeit. Jeder Augenblick ist neu. Lässt mich staunen. Lässt mich glücklich sein, dass meine Augen funktionieren, dass dieser Gegenstand, dieses Geschöpf grad hier ist und sich mir in allen Facetten präsentiert. Ich bin still, ich schaue, nehme mit allen Sinnen wahr. Spiele mit dem Fokus der Kamera und meinem eigenen Fokus, schaue von allen Seiten und entdecke immer wieder etwas Neues. Entdecke die unzähligen Formen, die die Natur geschaffen hat. Formen von Blüten, Formen von Blättern, Kombinationen von Farben.
Es ist erstaunlich. Wie ein Sog zieht das Objekt mich in seinen Bann. Ich lasse mich berühren von der Feinheit und Schönheit. Ich staune. Gleichzeitig öffnet sich eine Weite und ich fühle mich mit allem verbunden. Ich erlebe, wie wir beide - das Objekt und ich - Teil des Großen Ganzen sind.
Es tut mir in diesen ungewissen Zeiten gut, Schönheit entdecken zu können. Darin liegt eine Gewissheit. So kann ich besser umgehen mit dem Ungewissen, das den Verstand zu vereinnamen versucht. Die Ungewissheit löst sehr subtil Stress aus und schaltetet im Unterbewusstsein den Überlebensmodus ein. Hab acht! Aus diesem Zustand entsteht Trennung. Es fühlt sich eng an. In Körper, Geist und Seele.
Die Schönheit in den Augenblicken des Tages weitet diese Enge. Wie schön! Schönheit hat für mich die Qualität von Freude und Mitfühlen, von Lebendig-Sein und Verbundenheit mit dem Universum.
Dank: Es ist schön für mich, die Posts der Menschen zu sehen, die sich auch von der Natur berühren lassen. Das schafft Verbundenheit. Danke Dir. Danke Euch.
Für die Neugier: Die Krise? 2007 wurde mir gesagt, dass mein Herz zu operieren sei. Es brauchte mehrere Anläufe und es dauerte schließlich sieben Jahre, bis ich so weit war, es zu wagen. 2014 wurde mir schließlich die Entscheidung aus der Hand genommen und die Operation konnte geschehen. Das Organ Herz wurde erfolgreich repariert. Danke.
Für den Verstand: Das Wort Medizin kommt von dem lateinischen Wort mederi und bedeutet Heilung bringen.